Aufgabe der Eingliederungshilfe ist es unter anderem, eine Behinderung oder deren Folgen zu beseitigen und behinderte Menschen in die Gesellschaft einzugliedern. Hierzu gehört insbesondere, behinderten Menschen die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft zu erleichtern oder ihnen die Ausübung eines angemessenen Berufs oder einer sonstigen angemessenen Tätigkeit zu ermöglichen. Dementsprechend vielfältig ist das Leistungsspektrum der Eingliederungshilfe.
Grob lassen sich die Leistungen der Eingliederungshilfe in folgende Gruppen einteilen:
- entwicklungsfördernde Leistungen für minderjährige Menschen
- allgemeingesellschaftliche Hilfen
- berufsfördernde Leistungen
Die Eingliederungshilfe ist eine Leistung der Sozialhilfe. Diese ist im Sozialgesetzbuch XII geregelt.
Die Bundesländer können bestimmen, ob die örtlichen Sozialhilfeträger (Landkreise und kreisfreie Städte) oder die überörtlichen Sozialhilfeträger (je nach Bundesland können das die Bezirke, die Landschafts- oder Landeswohlfahrtsverbände oder die Landessozialämter sein) für Leistungen der Eingliederungshilfe zuständig sind. Im Zweifel sollte ein Antrag auf Eingliederungshilfe beim örtlichen Sozialamt gestellt werden. Falls dieses nicht zuständig ist, muss es den Antrag an den zuständigen überörtlichen Sozialhilfeträger weiterleiten.
Nachrangigkeit der Sozialhilfe:
Leistungen der Sozialhilfe sind gegenüber Ansprüchen, die gegen andere Sozialleistungsträger (z.B. Kranken- oder Pflegeversicherung) bestehen, nachrangig.
Grundsätzlich erhält Sozialhilfe außerdem nur, wer die benötigten Leistungen nicht mit eigenem Einkommen und Vermögen finanzieren kann. Bei minderjährigen behinderten Menschen ist das Einkommen und Vermögen der Eltern maßgeblich.
Einige Leistungen der Eingliederungshilfe sind kostenfrei. Dazu zählen die Leistungen in einer Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM).
Bei anderen Leistungen der Eingliederungshilfe müssen sich behinderte Menschen bzw. deren Eltern nach Maßgabe ihrer Einkommens- und Vermögensverhältnisse an den Kosten beteiligen. Dazu gehören unter anderem Hilfen zur Teilhabe am gemeinschaftlichen und kulturellen Leben (z.B. Begleitperson für den Kinobesuch).
Einkommens- und Vermögensgrenzen:
Das Einkommen und Vermögen des behinderten Menschen bzw. seiner Eltern ist für kostenpflichtige Leistungen der Eingliederungshilfe nur insoweit einzusetzen, als es bestimmte Grenzen überschreitet. Die Einkommensgrenze wird gebildet aus einem Grundbetrag sowie den angemessenen Kosten für die Unterkunft. Hinzu kommt ferner für den Ehegatten sowie für jede Person, die von dem behinderten Menschen oder dessen unterhaltspflichtigem Elternteil überwiegend unterhalten wird, jeweils ein Zuschlag. Überschreitet das Einkommen diese Grenze, ist der übersteigende Betrag in angemessenem Umfang zur Finanzierung der Eingliederungshilfe einzusetzen.
Für blinde Menschen sowie schwerstpflegebedürftige Menschen gilt eine Sonderregelung.
Zum Vermögen zählen unter anderem Sparguthaben, Wertpapiere und Lebensversicherungen. Die Vermögensgrenze setzt sich aus einem Grundbetrag sowie Zuschlägen für unterhaltsberechtigte Personen zusammen.
Entwicklungsfördernde Leistungen für minderjährige Menschen:
Nachfolgend werden einige Leistungen der Eingliederungshilfe dargestellt, die für minderjährige Menschen mit Behinderung von Bedeutung sind.
1) Frühförderung:
Aufgabe der Frühförderung behinderter Kinder ist es, zum frühestmöglichen Zeitpunkt mit Maßnahmen zur Behebung und Besserung der Beeinträchtigung des Kindes zu beginnen. Im Allgemeinen werden Leistungen der Frühförderung von sozialpädiatrischen Zentren oder von Frühförderstellen erbracht. Frühförderung setzt sich aus Leistungen der Krankenkassen und Leistungen der Eingliederungshilfe
zusammen.
Die Eltern müssen sich an den Kosten der Frühförderung nicht beteiligen. Anträge auf Leistungen der Frühförderung sind entweder bei der Krankenkasse oder beim örtlichen Sozialamt zu stellen. Nähere Informationen hierzu erhält man bei den örtlichen Frühförderstellen.
2) Kindergarten:
Für behinderte Kinder kommt entweder der Besuch eines Sonderkindergartens (vielfach auch Heilpädagogischer Kindergarten genannt) oder der Besuch eines integrativen Kindergartens in Betracht.
Die Kosten für den Besuch eines Sonderkindergartens trägt der Sozialhilfeträger im Rahmen der Eingliederungshilfe. Eltern müssen sich an diesen Kosten nicht beteiligen. Beim Besuch eines integrativen Kindergartens können von den Eltern die üblichen Kostenbeiträge erhoben werden.
3) Schule:
Alle Kinder unterliegen – unabhängig davon, ob sie behindert oder nicht behindert sind – der Schulpflicht. Das Schulwesen liegt im Verantwortungsbereich der Bundesländer. In allen Bundesländern werden für die unterschiedlichen Arten von Behinderungen auch unterschiedliche Sonderschulen (in vielen Ländern auch „Förderschulen“ genannt) organisatorisch vorgehalten. Unter welchen Voraussetzungen behinderte Kinder gemeinsam mit nichtbehinderten Kindern in einer Regelschule beschult werden können (sogenannte integrative Beschulung), ist in den Schulgesetzen der Länder sehr unterschiedlich geregelt. Die Entscheidung, ob im Einzelfall eine Regelschule oder eine Sonderschule dem behinderten Kind eine angemessene Schulbildung vermittelt, obliegt der zuständigen Schulbehörde. Das Sozialamt muss diese Entscheidung gegen sich gelten lassen. Ist das Kind für den Besuch einer Regelschule auf einen persönlichen Assistenten (Integrationshelfer) angewiesen, wird diese Leistung als Maßnahme der Eingliederungshilfe vom Sozialamt erbracht. An den Kosten des Integrationshelfers müssen sich die Eltern nicht beteiligen. Wird das behinderte Kind in einer Internats-Sonderschule beschult, weil am Wohnort der Familie keine geeignete Beschulungsmöglichkeit für das Kind besteht, übernimmt der Sozialhilfeträger die Kosten für diese Schulmaßnahme im Rahmen der Eingliederungshilfe. Die Kostenbeteiligung der Eltern beschränkt sich in diesem Fall auf die Kosten des Lebensunterhaltes (Unterkunft, Ernährung etc.), der im Internat erbracht wird. Angesetzt werden können nur Kosten in Höhe der Aufwendungen, die die Eltern für den häuslichen Lebensunterhalt des Kindes ersparen.
Benötigt das Kind für den Besuch der Schule spezielle Hilfsmittel (z.B. eine behinderungsbedingte Sonderausstattung für einen Computer, weil das Kind nicht lesbar schreiben kann), sind diese in der Regel nicht vom Sozialamt, sondern von der Krankenkasse zu leisten.
Allgemeingesellschaftliche Hilfen
Im nachfolgenden Abschnitt werden einige allgemeingesellschaftliche Hilfen dargestellt, die im Rahmen der Eingliederungshilfe vom Sozialhilfeträger
übernommen werden können. An den Kosten dieser Leistungen müssen sich behinderte Menschen bzw. deren Eltern nach den oben genannten Grundsätzen beteiligen.
1) Hilfen zum Erwerb praktischer Kenntnisse
Als Leistungen der Eingliederungshilfe können Hilfen zum Erwerb praktischer Kenntnisse und Fähigkeiten, die erforderlich und geeignet sind, behinderten Menschen die für sie erreichbare Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen, gewährt werden. Hierzu zählen z.B. Fördermaßnahmen, die zu einer möglichst selbständigen Haushaltsführung und räumlichen Orientierung beitragen.
2) Förderung der Verständigung
Bedürfen hörbehinderte Menschen oder behinderte Menschen mit besonders starker Beeinträchtigung der Sprachfähigkeit bei besonderen Anlässen Unterstützung, um sich zu verständigen, werden ihnen die erforderlichen Hilfen zur Verfügung gestellt oder angemessene Aufwendungen hierfür erstattet. Übernommen werden z.B. die Kosten für Gebärdendolmetscher, wenn gehörlosen Menschen nur so die Kommunikation mit einer Behörde möglich ist.
3) Hilfen zum Wohnen
Hilfen bei der Beschaffung, dem Umbau, der Ausstattung und der Erhaltung einer Wohnung, die den besonderen Bedürfnissen der behinderten Menschen entspricht, können ebenfalls im Rahmen der Eingliederungshilfe gewährt werden. Hierzu zählt z.B. der Bau einer Rampe, um es einem schwerbehinderten Menschen zu ermöglichen, mit seinem Rollstuhl allein die Wohnung zu erreichen. Bei den Hilfen zum Wohnen sind allerdings häufig andere Kostenträger (z.B. die Integrationsämter) vorrangig für die Leistung zuständig.
4) Hilfen in betreuten Wohnmöglichkeiten
Auch Hilfen zu selbstbestimmtem Leben in betreuten Wohnmöglichkeiten können vom Sozialhilfeträger erbracht werden. Hierbei handelt es sich z.B. um pädagogische Betreuung
5) Hilfen zur Teilhabe am gemeinschaftlichen und kulturellen Leben
Hilfen zur Teilhabe am gemeinschaftlichen und kulturellen Leben umfassen vor allem:
- Hilfen zur Förderung der Begegnung und des Umgangs mit nichtbehinderten Menschen,
- Hilfen zum Besuch von Veranstaltungen oder Einrichtungen, die der Geselligkeit, der Unterhaltung oder kulturellen Zwecken dienen und
- die Bereitstellung von Hilfsmitteln, die der Unterrichtung über das Zeitgeschehen oder über kulturelle Ereignisse dienen, wenn wegen Art oder Schwere der Behinderung anders eine Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft nicht oder nur unzureichend möglich ist.
Die Hilfe kann in der Bereitstellung der notwendigen Begleitperson für einen Theaterbesuch bestehen. Derartige Begleitdienste werden z.B. von
Familienunterstützenden bzw. -entlastenden Diensten (FuD/FeD) angeboten. Träger der FuD bzw. FeD sind in der Regel Organisationen der Behindertenselbsthilfe. Die Kosten eines Internetanschlusses können im Rahmen der Eingliederungshilfe ebenfalls übernommen werden, denn auch das Internet ermöglicht die Begegnung von behinderten und nichtbehinderten Menschen.
Behinderte Menschen, die nicht in der Lage sind, öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen, können zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft Fahrtkostenerhalten. Viele Sozialhilfeträger gewähren hierfür eine monatliche Pauschale. Nähere Informationen hierzu erhält man beim örtlichen Sozialamt.
6) Hilfsmittel
Hilfsmittel, die zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft erforderlich und nicht von vorrangigen Leistungsträgern (z.B. der Kranken- oder der Pflegeversicherung) zu erbringen sind, können vom Sozialhilfeträger zu leisten sein. Typische Hilfsmittel der Eingliederungshilfe sind z.B. behindertengerechte Schalteinrichtungen für Wasch- oder Küchenmaschinen sowie Weckuhren für körbehinderte Menschen.